„Rauschen, rauschen in der Nacht.“ Nelly Sachs im Spiegel neuer Dokumente (Ulrich v. Bülow)
Kategorie: Archiv
Mo., 6. Aug., 19:30 Uhr
Die Nobelpreisträgerin Nelly Sachs (1891-1970) gilt als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikerin des 20. Jahrhunderts. Seit ihrer Flucht aus Deutschland im Mai 1940 wohnte sie in Stockholm zurückgezogen in einem Mietshaus. Eine ihrer wenigen Vertrauten war ihre Nachbarin Rosi Wosk, eine ungarische Jüdin, die Auschwitz überlebt hatte. Zu ihr ging Nelly Sachs, wenn sie Hilfe oder Trost brauchte, ihr widmete sie Bücher und ihr schenkte sie zahlreiche Papiere.
In der Sammlung der Nachbarin sind neben Gedichtentwürfen und Fotos, die bis in die Berliner Kindheit der Dichterin zurückreichen, zahlreiche Korrespondenzen erhalten, darunter eine Karte von Selma Lagerlöf aus dem Jahr 1921 und Schreiben von Nelly Sachs an Rosi Wosk. Viele der Dokumente erlauben zum ersten Mal auch einen näheren, beklemmenden Einblick in die Krankengeschichte der Dichterin, die zeitweise in der psychiatrischen Klinik Beckomberga behandelt werden musste. Eine wichtige Quellen sind nicht zuletzt die Tagebücher von Rosi Wosk, in denen sie ihre Gespräche mit der berühmten Nachbarin festgehalten hat, in denen es unter anderem um Paul Celan und den Prozess gegen Adolf Eichmann ging.
Seit kurzem befindet sich die Nelly Sachs-Sammlung von Rosi Wosk im Deutschen Literaturarchiv Marbach. Der Vortrag zeigt und erläutert die Besonderheiten der Sammlung.
Dr. Ulrich von Bülow leitet seit 2006 die Abteilung Archiv im Deutschen Literaturarchiv Marbach. In Veröffentlichungen und Editionen befasste er sich u.a. mit Arthur Schnitzler, Georg Lukács, Martin Heidegger, Karl Löwith, Erich Kästner, Joachim Ritter, Hans Blumenberg, Martin Walser, Peter Handke und W.G. Sebald. Ulrich von Bülow ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Jahrbuchs der Karl Jaspers-Gesellschaft.