Anmerkungen zu Martin Heidegger – Gedanken zu Karl Jaspers. Eine geheime Kontroverse (Georg Hartmann)

Kategorie: Aktuelles // Allgemein

Do., 20. März 2025, 19:30 Uhr

Im Nachhinein gelten Martin Heidegger und Karl Jaspers als zwei große Antipoden der Philosophie des zwanzigsten Jahrhunderts. Dabei wähnten sie sich in den 1920er Jahren eng verbunden, aufgerüttelt durch die Erfahrung des Ersten Weltkriegs, die zusammen mit den Nachwirkungen Kierkegaards und Nietzsches eine Grundlagenkrise der wissenschaftlichen Philosophie heraufbeschworenen hatte. Jaspers und Heidegger bemühten sich als „Kampfgefährten“ um einen Neuansatz des Philosophierens. Sie gaben sich gegenseitig Impulse.

Allerdings stellten sich bald Spannungen ein. Etwa seit 1931 trieb Jaspers der Plan einer Kritik Heideggers um, deren Gestalt ihm zwischen Monografie und textlicher Gesprächsform fraglich blieb. Die von ihm erwünschte Auseinandersetzung kam nie zustande. Dann kam der tiefe Einschnitt 1933, der nach Heideggers Engagement für den Nationalsozialismus bald zur Entfremdung zwischen beiden führte. Gleichwohl sammelte Jaspers über Jahrzehnte hinweg Notizen zu Heidegger, die erst Jahre nach seinem Tod 1978 von Hans Saner veröffentlicht wurden.

Dass sich auch Martin Heidegger über die frühe Zeit hinaus und sogar nach 1945/46, als Jaspers in einem Gutachten die vorübergehende Entfernung Heideggers aus dem universitären Lehrbetrieb empfahl, mit Jaspers’ Denken und Werken auseinandergesetzt hat, zeigte sich dagegen erst nach und nach. Neben dem Zeugnis des Briefwechsels sind nun in den sogenannten Schwarzen Heften zahlreiche, zum Teil stark polemische Abgrenzungen zu lesen. Einige Werke von Jaspers sind in der Heidegger-Bibliothek mit Lesespuren erhalten geblieben. Und es fanden sich inzwischen auch in seinem Nachlass Notizen zu Jaspers, die seine Beschäftigung mit dessen Werken bis in die 1950er Jahre belegen.

Vor dem Hintergrund dieser erweiterten Quellenlage will der Vortrag den von gegenseitigem Enttäuschung getragenen Streit exemplarisch beleuchten und fragen, welche fruchtbaren Gedanken aus beider Überlegungen über den jeweils anderen Philosophen zu gewinnen wären.

Georg Hartmann ist Philosoph und Religionswissenschaftler; er arbeitet heute mit als Editor an der Kritischen Gesamtausgabe der Werke von Karl Jaspers, zuletzt veröffentlichte er in diesem Rahmen die Fragmente des sogenannten Hannah-Buchs. Über diese Tätigkeit hinaus verantwortet er derzeit ein Editionsprojekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft, das an der Universität Freiburg angesiedelt ist und den Briefwechsel zwischen Karl Jaspers und Ernst Mayer gilt, der entscheidend die Entstehung der dreibändigen Philosophie begleitet. Zudem liegen Aufsätze zu Karl Jaspers und Martin Heidegger, Gerhard Krüger und Jean Améry vor.