Gedankengänge als Lebensläufe. Ivan Nagel als Intellektueller und Theatermann (Thomas Sparr)
Kategorie: Archiv
Do., 28. Jan., 19:30 Uhr
Ivan Nagel (1931-2012) verkörpert durch seine Person und sein Werk wie kaum ein anderer Rang und Bedeutung eines Intellektuellen in Deutschland seit den Nachkriegsjahren. Er wurde in Budapest geboren und gelangte 1948, staatenlos, über Zürich zum Studium nach Heidelberg, wo er Freundschaft mit Reinhart Koselleck schloss. Später ging Nagel nach Frankfurt am Main und wurde Schüler von Theodor W. Adorno. Ende der 1950er Jahre machte er sich einen Namen als Kritiker, Dramaturg und wirkte über sieben Jahre als Intendant des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, später in Stuttgart. In seiner zweiten Lebenshälfte legte Ivan Nagel frei, kritisch und politisch wach bedeutende Werke zur Geschichte der Künste im 18. Jahrhundert vor. Er entzifferte im Jahrhundert der Aufklärung mit luziden Essays die Vorgeschichte unserer Gegenwart.
Der Abend führt exemplarisch in das große Œuvre von Ivan Nagel ein. Ausgewählte Textpassagen, die der Staatsschauspieler Jens Ochlast vorträgt, demonstrieren die hohe Kunst des dichten Essays, die Ivan Nagel wie wenige Zeitgenossen in eigenwilliger Schönheit beherrschte.
Dr. Thomas Sparr ist literarischer Nachlassverwalter Ivan Nagels. Er lehrte an der Universität Hamburg und an der Hebräischen Universität in Jerusalem, leitete den Jüdischen Verlag und war Cheflektor des Siedler Verlags in Berlin. Nach Jahren als Geschäftsführer und stellvertretender Leiter ist er heute Editor-at-Large des Suhrkamp Verlags.
Seine Veröffentlichungen reichen über Paul Celan und sein Werk in die deutsch-jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts. Sparr gab die Briefe von Gershom Scholem wie Peter Szondi mit heraus.
(Foto: © Jürgen Bauer)