Karl Jaspers und Rudolf Bultmann: Geschichtsdeutung und Verstehenslehre (Martin Vialon)
Kategorie: Archiv
Di., 5. Juli, 19:30 Uhr
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert brach die philosophische Hermeneutik, die Lehre vom Verstehen, die Grenzen traditioneller, von den Kirchenvätern festgelegter Bibelexegese auf. Es bildeten sich neue Ansätze innerhalb der Existenzphilosophie und der dialektisch ausgerichteten Theologie heraus, an denen der Existenzphilosoph Karl Jaspers und der protestantische Theologe Rudolf Bultmann maßgeblich beteiligt waren.
Der Abend widmet sich beiden und geht in Texten und Erläuterungen den Fragen nach, an welchen Kriterien ihre hermeneutisch-historischen Praxen ausgerichtet waren, ob und wie sich diese überschnitten. Zentral sind Überlegungen, wie ihre anthropologischen, geschichtsphilosophischen und säkularen Deutungsansätze im Horizont der Fragen nach Mensch, Geschichte, Gesellschaft, Fortschritt, Religion, Glaube und Erlösung verknüpft sind.
Die kommentierte Textkollage wird sich auf Bultmanns Essays »Adam, wo bist du? Über das Menschenbild der Bibel« (1945), »Das Christentum als orientalische und als abendländische Religion« (1949), »Das Problem der Hermeneutik?« (1950) und »Geschichte und Eschatologie« (1955) sowie auf Jaspers‘ Schriften »Der philosophische Glaube« (1947) und »Ursprung und Ziel der Geschichte« (1949) beziehen. Auch werden Bezüge zu Bultmanns und Japsers‘ Briefwechsel mit Heidegger das wechselvolle Verhältnis beleuchten, in dem beide Hermeneuten gegenüber der von Heidegger vertretenen nationalsozialistischen Indienstnahme des Denkens (Freiburger Rektoratsrede: Mai 1933) standen.
Eintritt: 7,-; erm. 5,- €
Prof. Dr. Martin Vialon, geb. 1960, ist seit Herbst 2014 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Philosophie der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und leitet das Erich Auerbach-Archiv. Nach seiner germanistischen Promotion in Marburg (1998) lehrte er als Dozent an der Yeditepe University in Istanbul, war von 2006 bis 2008 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin und habilitierte sich im Fach Philosophie (2011) in Oldenburg. Nach der 2012 erfolgten Istanbuler Berufung für die Fächer Komparatistik und Kulturphilosophie, war Vialon Karl Jaspers-Fellow (2013) in Oldenburg und kehrte im Anschluss aus der Türkei nach Deutschland zurück. Zahlreiche Veröffentlichungen zur europäischen Literatur und Philosophie sowie Vortragsreisen in die USA, die Türkei, nach Großbritannien, Ungarn, Israel und Russland.