Lichtblick in dunklen Zeiten. Montaigne über wahre Freundschaft (Martin Gessmann)

Kategorie: Archiv

Di., 30. Mai, 19:30 Uhr

Michel de Montaigne (1533-1592) durchlebte ein dunkles Zeitalter, dessen religiöse Spannungen zwischen katholischer Mehrheit und protestantischen Sekten 1572 mit der Bartholomäusnacht in einem ersten großen Massaker gipfelten.
In dieser spannungsreichen Zeit versuchte Montaigne zweimal als Bürgermeister von Bordeaux, ordnend praktische Hilfe zu leisten. Vor dem Hintergrund der Frage, was denn wirklich helfen könne, wagte er schließlich mit seinen »Essais« ein Experiment: Wie wäre es, mit dem Leser in ein freundschaftliches Verhältnis zu kommen und ganz persönliche Dinge bereden zu können – Dinge, zu denen man sich sonst allenfalls im Beichtstuhl bekennt?

Montaignes »Essais« sind die Einladung zu einer literarischen Auszeit, in der wir ausloten können, wer wir sind und was uns zwischenmenschlich möglich ist – eine Flaschenpost aus vergangenen Tagen und widrigen Umständen, die heute seltsam aktuell scheinen. Und womöglich ist Freundschaft ein Konzept, das auch wir gesellschaftlich wieder sehr viel ernster nehmen Gessmann_9sollten.

Prof. Martin Gessmann lehrt an der HfG Offenbach  Kultur- und Techniktheorie sowie Ästhetik im Fachbereich Design und war außerdem lange im Fernsehjournalismus tätig. Neben Artikeln und Rezensionen veröffentlichte er Fach- und Sachbücher; in Zusammenarbeit mit der Leibniz-Preisträgerin Hannah Monyer erschien zuletzt: »Das geniale Gedächtnis« (München 2015).