Nietzsche in Weimar (Rüdiger Schmidt-Grépály)
Kategorie: Archiv
Di., 28. Juli, 19:30 Uhr
In einer Sommernacht im Juli 1897 wird der kranke Nietzsche in einem Sonderwaggon der Deutschen Reichsbahn von Naumburg nach Weimar gebracht. Geistig nicht anwesend wird er doch zum Zentrum nicht nur der philosophischen Moderne – nicht nur in Weimar. Im eigentlichen Sinne war Nietzsche nie in Weimar. Er selbst wäre mit Sicherheit weder nach Weimar noch nach Thüringen/Sachsen zurückgekommen. In seiner Autobiographie nennt er Thüringen sogar als Unglücksort für seine Physiologie. Und dennoch wird Weimar für die Nietzsche-Rezeption bis in die Gegenwart zu dem entscheidenden Ort. Hier bekommt sein Werk die bis heute gültige Gestalt. Hier entsteht das bis heute verkaufte Werk „Der Wille zur Macht”, hier verschränkt sich im Nietzsche-Archiv die Moderne mit der Anti-Moderne. Das Nietzsche-Archiv repräsentiert bis 1918 die Möglichkeit einer avantgardistischen Moderne. Später vollzieht es bewusst den Bruch, den Georg Lukács als die „Zerstörung der Vernunft” bezeichnen sollte. Nicht leicht auseinanderzuhalten sind Arbeit und Einfluss seiner Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche von den philosophischen Gedanken ihres Bruders. Jenseits von Verdächtigungen wird der Vortrag versuchen, die Fragen, die von Nietzsche in Weimar ausgehen, auch mit dem Oldenburger Zuhörerinnen und Zuhörern zu besprechen.
Dr. Rüdiger Schmidt-Grépály ist Gründer und Leiter des Kollegs Friedrich Nietzsche der Klassik Stiftung Weimar. Von 1983 bis 1985 arbeitete er in Florenz als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und des italienischen Außenministeriums beim Herausgeber der kritischen Gesamtausgabe der Werke Nietzsches, Mazzino Montinari. Anschließend war Schmidt-Grépály Lehrbeauftragter für Philosophie und Ästhetik an den Universitäten Florenz, Kiel, Oldenburg und Bremen, bevor er ab 1989 bis 1994 zum Geschäftsführer der Karl Jaspers Vorlesungen zu Fragen der Zeit am Lehrstuhl für Ästhetik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg berufen wurde. Internationale Tagungsreihen zu Leben und Werk Friedrich Nietzsches führten 1999 zur Gründung des Kollegs Friedrich Nietzsche in Weimar.
Rüdiger Schmidt-Grépály ist Herausgeber der Reihe „Schriften aus dem Kolleg Friedrich Nietzsche” sowie u.a. folgender Bücher: „Zur Rückkehr des Autors. Gespräche über das Werk Friedrich Nietzsches.” Mit Peter Sloterdijk, Renate Reschke und Bazon Brock, Hg., (Göttingen 2014); „Friedrich Nietzsche: Lernt mich gut lesen!”, Hg., (Göttingen 2012) und – in Vorbereitung – „Friedrich Nietzsche – Werke letzter Hand”, Hg., (Göttingen).