Nietzsches Denkweg: Vom protestantischen Pfarrhaus zum „Anti-Christ“ (Michael Lahr u. Gregorij von Leïtis)

Kategorie: Archiv

Di., 24. Mai, 19:30 Uhr

Aufgewachsen in einem protestantischen Pfarrhaus und von der erwecklichen Frömmigkeit des Pietismus geprägt, schrieb sich Nietzsche anfangs als Student für Theologie und Philologie ein, wendete sich aber im ersten Bonner Studienjahr vom Christentum ab und entschied sich ganz für die Philologie. Während seiner Professur im „frommen Basel“ trifft er erneut im Bürgertum auf die pietistische Spielart des Protestantismus. Die Lektüre Hölderlins, das Studium der Antike, die Begegnung mit der Philosophie Schopenhauers und schließlich die Freundschaft mit Richard Wagner setzen eine Emanzipation in Gang, die aus Nietzsche einen der großen kritischen Diagnostiker seiner Zeit, einen Moralisten und brillanten Aufklärer werden ließ, aber auch einen der prononciertesten Kritiker des Christentums.

Nietzsches Diktum „Gott ist tot“ machte ihn in den Augen seiner Zeitgenossen zum Antichristen. Als „Prophet des Übermenschen“ wetterte er gegen das Philistertum seiner bürgerlichen Zeitgenossen und bemühte sich um eine Neubegründung der Moral „Jenseits von Gut und Böse“. Und doch blieb in seinem polemischsten Buch „Der Antichrist. Fluch auf das Christentum“ Jesus von aller Kritik verschont.
Friedrich Nietzsche verstand sich gewissermaßen als ein „Stachel des Fremden“ im behäbigen Körper der „dekadenten“ Gesellschaft und Kultur seiner Zeit. Er war seiner eigenen Zeit fremd, bezeichnete sich selbst als „posthumen Denker“, dessen Stunde erst kommen würde.

Michael Lahr wird in seiner Einführung versuchen, den außergewöhnlichen Denkweg Nietzsches zu rekonstruieren. Gregorij von Leïtis wird Schlüsselstellen aus Nietzsches Werk lesen.

Eintritt: 7,-; erm. 5,-

Michael Lahr - photo Letizia MariottiMichael Lahr ist Programmdirektor von „Elysium – between two continents München – New York“ und Executive Director von „The Lahr von Leïtis Academy & Archive“. Er ist Autor und Herausgeber des Buches „Der Erwin Piscator Preis” und Co-Autor des Essay-Bandes „Bilder des Menschen”.
Der Piscator-Spezialist hat die Ausstellung „Erwin Piscator: Politisches Theater im Exil” kuratiert, die bislang in Bernried, New York, Catania, Salzburg und München zu sehen war. Als Programmdirektor von „Elysium“ hat er zahlreiche Werke von Künstlern wiederentdeckt, die unter dem Druck des Nazi-Regimes ihre Heimat verlassen mussten oder ermordet wurden.

Gregorij von Leitis - photo Letizia MariottiGregorij H. von Leïtis ist Gründer und Intendant von „Elysium“ sowie Mitgründer und Präsident von „The Lahr von Leïtis Academy & Archive“. 1985 gründete er die „Erwin Piscator Award Society“, welche jährlich den Erwin Piscator Award vergibt. Er arbeitet seit über 40 Jahren an unterschiedlichen Theatern in Europa und den USA und war u.a. Gastregisseur an den Landestheatern Linz und Bregenz.