Ratlosigkeit und theoretisches Versagen. Anmerkungen zu Adornos ‚Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute‘ (Jan Philipp Reemtsma, Benedikt Hensel, Stefan Müller-Doohm)
Kategorie: Aktuelles // Allgemein
Mo., 04. November 2024, 19:30 Uhr, Oldenburger Kunstverein
Im Herbst 1962 nahm Theodor W. Adorno an einer Tagung des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit teil, auf der er über die Bekämpfung des Antisemitismus sprach. Dieser Vortrag hat in seiner dichten und äußerst vielschichtigen Analyse nichts an Aktualität eingebüßt.
Vor dem Hintergrund der Schuldabwehr und des „sekundären Antisemitismus“ der deutschen Nachkriegsgesellschaft begreift Adorno den Antisemitismus als zentrales Bindemittel rechtsradikaler Bewegungen, das die diversen Strömungen eines militanten und exzessiven Nationalismus vereint.
© Suhrkamp Verlag
Der Antisemitismus ist das „Gerücht über die Juden“, ein Ressentiment, eine aus „Hass und Verdacht zusammengesetzte Leidenschaft“ (Reemtsma), mit der sich die autoritätsgebundene Persönlichkeit mit ihrer aggressiv paranoiden Disposition zum Opfer stilisiert. Antiintellektualismus und Konformismus sind seine Triebfedern, und mit dem Rassismus teilt er eine identische Struktur. Zugleich warnt Adorno vor einer Idealisierung des Judentums im Kampf gegen den Antisemitismus und plädiert für Toleranz. Ein antiautoritäres Erziehungsprogramm zur Prävention antisemitischer Charakterbildung und hartes Durchgreifen bei antisemitischen Ausbrüchen sind die einander ergänzenden Elemente der Bekämpfung des Antisemitismus damals wie heute.
Prof. Dr. Jan Philipp Reemtsma ist Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Hamburg und geschäftsführender Vorstand der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur. 1981 gründete er die Arno-Schmidt-Stiftung, deren Vorstand er bis heute ist.
Prof. Dr. Benedikt Hensel ist evangelischer Theologe und seit 2023 Universitätsprofessor für Altes Testament an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.
Prof. Dr. Stefan Müller-Doohm war Professor für Soziologie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen, darunter die Biographien von T.W. Adorno und Jürgen Habermas.
Die Veranstaltung findet im Oldenburger Kunstverein statt (Damm 2a).
Es wird um Anmeldung gebeten: unter der Tel.: 0441 / 27109 oder per Email an: office@oldenburger-kunstverein.de.
Die Plätze bleiben unnummeriert.