Reihe »Im Gespräch«: Kritische Zeitgenossenschaft – Martin Warnke als Zeit- und Kunsthistoriker
Kategorie: Archiv
Do., 8. Okt., 19:30 Uhr
Vielen ist Martin Warnke als einer der führenden deutschen Kunsthistoriker bekannt. Klassisch geworden sind die kritischen Interpretationen von Rubens und Velázquez, in denen Warnke dem Betrachter der Werke den Blick für die immense Bedeutung öffnet, die das höfischen Lebens für das Schaffen der Meister hatte. Auch kennen viele den Hamburger Kunsthistoriker als Spiritus rector, dessen Impulse vor allem die Renaissance des Aby Warburg-Hauses als interdisziplinäre Forschungsstätte einleiteten und über Jahrzehnte förderten.
Kaum bekannt ist, dass Prof. Warnke in seinen akademischen Anfängen sein kritisches Vermögen – gleichsam incognito – auch als Beobachter der Frankfurter Auschwitz-Prozesse für die »Stuttgarter Zeitung« unter Beweis stellte.
Der erste Abend der neuen Reihe »Im Gespräch« stellt in einzelnen Passagen Warnkes journalistisches Frühwerk vor. Vor allem orientiert sich das Gespräch , das Matthias Bormuth mit Martin Warnke führen wird, auch an wichtigen Selbstaussagen zur intellektuellen Biographie, die das jüngst erschienene Buch »Zeitgenossenschaft« ebenso enthält.
Die Texte liest der Schauspieler Jens Ochlast, der am Oldenburger Staatstheater tätig ist.
Martin Warnke wurde 1937 in Brasilien als Sohn eines ev. Pfarrers geboren und kam 1953 mit der Familie nach Deutschland. Nach dem Studium in München, Madrid und Berlin war er 1964 mehrere Monate Berichterstatter der Frankfurter Auschwitz-Prozesse für die »Stuttgarter Zeitung«, danach Volontär an den Berliner Museen. 1970 habilitierte er sich als Kunsthistoriker mit seiner Forschung über die Organisationsformen der frühneuzeitlichen Hofkunst. Von 1971 bis 1978 lehrte er Kunstgeschichte an der Universität Marburg und anschließend bis zur Emeritierung 2003 an der Universität Hamburg.
Im Fokus seiner Forschung stehen die politischen und sozialen Bedingungen von Kunst. Als Leibniz-Preisträger (1990) setzte er wichtige Impulse zur Erforschung der Politischen Ikonographie. Als einer der ersten engagierte sich Warnke für die Wahrnehmung exilierter Kunsthistoriker, so vieler Mitglieder aus dem Kreis um die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg, die Hamburg hatten 1933 verlassen müssen. Wichtige Werke im letzten Jahrzehnt sind: »Velázquez. Form und Reform« (DuMOnt 2005); »Bildwirklichkeiten« (Wallstein 2005), »Rubens. Leben und Werk« (DuMont 2006), »Zeitgenossenschaft« (Diaphanes 2014).
(Foto: Vito Oražem)