Religion in den Grenzen der Gemeinschaft. Spinozas Bibelkritik und Gesellschaftslehre (Matthias Bormuth)

Kategorie: Archiv

Do., 21. Sept., 19:30 Uhr, Landesbibliothek

Baruch de Spinoza kennt man vor allem als Autor der »Ethik«, die in der deutschen Geistesgeschichte den Pantheismusstreit auslöste. Weniger bekannt sind seine brillanten wie kompromisslosen Überlegungen zur Psychologie und Soziologie der Religion. Sie münden in einer konzisen Gesellschaftslehre, in der geistige Selbständigkeit und staatliche Ordnung Hand in Hand gehen, während letzte Fragen des religiösen oder philosophischen Glaubens auf den privaten Raum beschränkt werden. Sein »Theologisch-politischer Traktat«, 1670 als einziges seiner Bücher zu Lebzeiten anonym veröffentlicht, entwickelt diese Gedanken entlang einer radikalen Bibelkritik, deren Nimbus als „Heilige Schrift“ in der anthropologischen und soziologischen Lektüre relativiert wird. Spinoza setzt neben die kollektiven Formen der Frömmigkeit eine individuelle und verteidigt das kritische Recht der Vernunft als Instrument einer humanen Gesellschaft, die gerade in den Religionskriegen gefährdet ist. bormuth-matthias-05-13

Matthias Bormuth hat die Heisenberg-Professur für vergleichende Ideengeschichte am Institut für Philosophie der Carl von Ossietzky Universität inne und ist Vorsitzender der Karl Jaspers-Gesellschaft.