Revolution oder Evolution? Zur Vorgeschichte des Achsenzeit-Theorems (Jan Assmann)
Kategorie: Archiv
Fr., 3. Feb., 19:30 Uhr
Die Beobachtung, dass um 500 v.Chr. in Ost und West scheinbar vergleichbare Phänomene einer grundlegenden geistigen Wende auftraten, stammt aus dem 18. Jh. und wurde sogleich als eine „Revolution“ der Menschheit gedeutet. Hegel hat dann diese Revolution in eine Evolution umdeuten wollen und als Wanderung und Entwicklung einer Idee von Ost nach West beschrieben. Spätere Geschichtsphilosophen kehrten zur ursprünglichen Deutung zurück, Karl Jaspers brachte diese Wende und ihre Epoche auf den Begriff der „Achsenzeit“. Bis heute wird Jaspers‘ Theorie im Hinblick auf die historischen Sachverhalte diskutiert, die nach wie vor als Symptome einer grundlegenden geistigen Wende gedeutet werden und weniger im Hinblick auf die Herkunft dieser Theorie und ihre ideologischen Implikationen.
Aus ägyptologischer Perspektive und damit vor dem Hintergrund einer nach Jaspers „vorachsenzeitlicher“ Kultur soll die Theorie der Achsenzeit im Hinblick auf ihre Genese hinterfragt und relativiert werden: In welcher historischen Situation und Interessenlage ist sie entstanden und diskutiert worden, was war Jaspers‘ Situation und Interesse, als er sie nach dem Zweiten Weltkrieg aufgriff und wie erklärt sich ihr stetig wachsender Erfolg in unserer Zeit?
Jan Assmann ist Ägyptologe sowie Religions- und Kulturwissenschaftler. Er ist Emeritus der Universität Heidelberg und u.a. Autor der Werke: »Totale Religion. Ursprünge und Formen puritanischer Verschärfung« (Wien 2016), »Exodus. Die Revolution der Alten Welt« (München 2015) oder »Steinzeit und Sternzeit: Altägyptische Zeitkonzepte« (Paderborn 2011).