Schmerz als Erlebnis und Erfahrung (Sebastian Kleinschmidt)
Kategorie: Archiv
Fr., 24. Juni, 19:00 Uhr
Warum nachdenken über den Schmerz? Ist er nicht das größte Übel dieser Welt, ein Übel, das nur eine Antwort verdient: dass man es beseitigt, ja gänzlich aus dem Leben verbannt? Aber ist das nicht eine Utopie?
In Sachen Schmerz ist niemand ohne Erfahrung. Früher oder später macht jeder, sei es körperlich oder seelisch, Bekanntschaft mit ihm. In drei Formen begegnen wir dem Schmerz: an uns selbst, bei anderen und in den Werken der Kunst.
Ernst Jünger und Viktor von Weizsäcker haben von Berufs wegen mit dem Schmerz zu tun gehabt, der eine als Soldat im Krieg, der andere als Arzt in der Klinik, der eine als Täter und Opfer, der andere als Helfer und Heiler. Aus der Verschiedenheit der Aufgaben und des Erlebens kommt die Verschiedenheit der Erfahrung. Und aus der Verschiedenheit der Erfahrung die Verschiedenheit des Denkens. Die Landschaft der Schmerzen wird in beiden Fällen als gedeutete sichtbar.
Wie wir den Schmerz, die Krankheit, am Ende den Tod verstehen, hängt davon ab, wie wir das Leben verstehen.
Sebastian Kleinschmidt, geboren 1948 in Schwerin, Herausgeber und Essayist, von 1991 bis 2013 Chefredakteur von Sinn und Form, lebt in Berlin. Jüngste Veröffentlichung: »Gedicht und Gedanke. Neun Interpretationen.« Verlag Ulrich Keicher, Warmbronn 2015.