»Schreie aus der bittern Tiefe« – Über Religion und Frömmigkeit der deutschen Romantik (Wolfgang Frühwald)

Kategorie: Archiv

Di., 3. Nov., 19:30 Uhr

Clemens Brentano (1778 – 1842) hat kurz vor seiner Generalbeichte (1817) in dem Gedicht »Frühlingsschrei eines Knechtes aus der Tiefe« Religion und Frömmigkeit als »Schreien aus der bittern Tiefe« benannt und damit eine Lebenswende verdeutlicht, die ihn – wie andere romantische Poeten – über die neupietistische Erweckungsbewegung zu  Glauben und Kirche zurückgeführt hat. Der Vortrag versucht, im Dreieck von Liebe, Poesie und Religion als Grundlagen der romantischen Existenz, solche Entwicklungen und Lebensbrüche von Schleiermacher, Novalis und Friedrich Schlegel bis zu Joseph von Eichendorff nachzuzeichnen. Die deutsche Romantik hat mit den Melodien des deutschen  Kunstliedes die Konzertsäle der Welt erobert. Sie ist die bisher letzte poetische Bewegung, die sich die Sprache der Psalmen so anverwandelt hat, dass in Vers und Lied ein Gebetston entsteht, der die Szenerie der Bibel auf die jeweils aktuelle (des Trostes bedürftige) Situation der Autoren und ihrer Leserinnen und Leser zu beziehen erlaubt.   Frühwald

Wolfgang Frühwald ist Emeritus für Neuere Deutsche Literaturgeschichte an der Universität München, und hat über Novalis, Clemens Brentano, Joseph von Eichendorff und die romantische Lyrik gearbeitet. Zuletzt erschien von ihm u.a. »Ernst Toller. Masse – Mensch« (2014), »Ernst Toller. Eine Jugend in Deutschland« (2013) oder »Gedichte der Romantik« (erw. Neuausgabe 2012).