Stimme, Zeit, Sprache, Maske. Wie Bob Dylan singt (Richard Klein)

Kategorie: Archiv

Mi., 13. Dez., 19:30 Uhr

Wenn seine Stimme nicht da ist, ist kein Bob Dylan da. Nichts gegen Jimi Hendrix, Patti Smith oder Elvis, aber in einem emphatischen Sinn gibt es keine Dylansongs, die von anderen gesungen werden. Entweder singt er sie oder sie sind nicht.
Das hat zum einen mit dem Zeitcharakter oder Zeitraum zu tun, der sich in Dylans Stimme aufspannt, und zum anderen mit der Art und Weise, wie Dylan die Sprache singt und die Spannung von Sprechen und Singen austrägt. Das Ineinander von beiden, von Zeit und Sprache, definiert den Ausdruck dieses Gesangs. Dylans Stimme verleiht der Musik eine Art Werkcharakter, auch wenn dieses Werk anders beschaffen ist als das, was wir gewöhnlicherweise so nennen. Es ist nicht Schrift und doch der eigentliche Text des performativen Geschehens.

Richard Klein ist Honorarprofessor an der Hochschule für Musik in Freiburg; seine Arbeitsschwerpunkte liegen neben der Musikphilosophie, der sozialen Musikhermeneutik und Zeittheorie auf Adorno, Wagner, Dylan und Th. Mann. Er ist Herausgeber von »Musik & Ästhetik« sowie Mitherausgeber des »Adorno-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung« (2. erw. Aufl. 2018). Zuletzt veröffentlichte er »Gesellschaft im Werk. Musikphilosophie nach Adorno« (2015); außerdem versch. Rundfunksendungen zu Bob Dylan im WDR III.