Philosophie zwischen Wissenschaft und Lebensform. Zur Wirkungsgeschichte eines Leitmotivs spätantiken Philosophierens (Martina Roesner)

Kategorie: Archiv

Mi., 7. März, 19:30 Uhr

Seit der Zeit der Spätantike bewegt sich das Selbstverständnis der Philosophie zwischen zwei Extremen: Dem aristotelischen Ideal der Metaphysik als einer theoretischen, auf ersten Prinzipien beruhenden und allein um ihrer selbst willen betriebenen Wissenschaft steht ein anderes, vor allem durch den Stoizismus und Neuplatonismus verkörpertes Modell gegenüber, das Philosophie primär als eine auf existenzielle Selbsterkenntnis und ethische Lebensgestaltung abzielende Praxis versteht.
Diese beiden unterschiedlichen Paradigmen kommen im Verlauf der Philosophiegeschichte in wechselnden Akzentuierungen und Konstellationen immer wieder zum Tragen.
Dabei erscheint das Ideal rein theoretischer Erkenntnis teils als lebensferner Antipode einer als praktisches Orientierungswissen verstandenen Philosophie, teils als Synonym einer im höchsten Sinne praktischen, weil im autonomen Selbstvollzug der Vernunft bestehenden Form menschlichen Daseins.
Der Vortrag will der Frage nachgehen, wie sich mit Blick auf das philosophische Selbstverständnis die beiden Aspekte der theoretischen Zweckfreiheit und des lebenspraktisch motivierten Interesses zueinander verhalten, und dabei insbesondere die Beziehung zwischen der individuell-persönlichen und der intersubjektiv-gesellschaftlichen Dimension einer primär als Lebensform verstandenen Philosophie untersuchen.

Roesner Martina 01PD Dr. Martina Roesner  ist Dozentin des Instituts für Philosophie der Universität Oldenburg sowie Leiterin eines FWF-Forschungsprojektes zu Meister Eckharts lateinischen Bibelkommentaren am Institut für Bibelwissenschaft (Altes Testament) der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Ihre Hauptforschungsgebiete sind Phänomenologie, Neukantianismus, Mittelalterliche und Neuzeitliche Philosophie, Philosophische Anthropologie und Religionsphilosophie.