Melancholie und Unsichtbarkeit. Felix Hartlaub als Schriftsteller (Matthias Weichelt)

Kategorie: Archiv

Mo., 20. Aug., 19:30 Uhr

Als in den fünfziger Jahren erstmals Texte aus dem Nachlaß Felix Hartlaubs veröffentlicht wurden, war das Erstaunen unter Lesern und Kritikern groß. Wie der Krieg, die Diktatur den Menschen verändern, hatte man noch nicht in einer solchen Klarheit lesen können wie bei diesem völlig unbekannten, in den letzten Kriegstagen bei Berlin verschollenen Autor, der gerade einmal 32 Jahre alt geworden war:

„Es gab zu seiner Zeit wohl keinen deutschen Schriftsteller, der mit Worten so malen konnte wie er, bei dem sich Form- und Farbempfinden mit einer derartigen sprachlichen Ausdruckskraft verbanden.“
(Karl Corino)

Hartlaub, der Geschichtswissenschaft studierte und umfangreiche literarische Fragmente verfaßte, war Rekrut bei der Wehrmacht gewesen, hatte als historischer Sachbearbeiter im besetzten Paris gearbeitet und im sogenannten Sperrkreis II der Führerhauptquartiere Teile des Kriegstagebuchs des Oberkommandos der Wehrmacht verfaßt. Sein Schreiben war von der Überzeugung getragen, daß die „Frage nach der Genese, nach dem ‚Wie war es möglich’“, die einzige sein dürfte, „die noch an uns gerichtet, zu der vielleicht noch etwas zu sagen sein wird“. Eine Art darauf geben seine 2014 herausgegebenen Aufzeichnungen »Aus Hitlers Berlin 1934-1938«.

„Es ist Zeit, diesen verheißungsvollen Autor unter der Tarnkappe hervorzuziehen.“
(Durs Grünbein)

Dr. Matthias Weichelt ist seit 2013 Chefredakteur der Zeitschrift „Sinn und Form“ und Mitherausgeber der kommentierten Nelly-Sachs-Werkausgabe (Suhrkamp Verlag). Mit Sebastian Kleinschmidt veröffentlichte er 2016 das Buch »Dieter Janz: Nebensachen. Lebensansichten eines Arztes. Gespräche und Aufsätze« (Matthes & Seitz).