Auf der Suche nach dem verlorenen Gott. Thomas Mann (Dieter Borchmeyer)

Kategorie: Aktuelles // Arendt-Forum

Di., 08. Juli 2025, 19:30 Uhr

À la recherche du temps perdu“ – so lautet der Titel des epochalen Romanzyklus von Marcel Proust. Der Abend stellt das Werk von Thomas Mann unter den Paralleltitel: Auf der Suche nach dem verlorenen Gott. Denn spätestens seit dem Zauberberg hat sich der Schriftsteller gewissermaßen hinter dem Rücken der Gottesabwendung der Moderne auf die Suche nach dem verlorenen Gott begeben. So suchte und entdeckte er hinter dem Säkularismus des humanistischen Menschenbildes das „Hochgebild“ des „Homo Dei“, gipfelnd in seinen Josephsromanen. 

Thomas Manns religiöse Orientierung ist seit seiner demokratischen Wende nach dem Ersten Weltkrieg immer offenkundiger geworden: unermüdlich betont er in seinen Reden und Essays seit der Mitte der zwanziger Jahre die Verankerung der Demokratie in der „antik-christlichen Humanitätsidee“.

Diese wird ihm vor dem Hintergrund des Faschismus und Totalitarismus, in denen er das Unheil des auf den Nihilismus zutreibenden Säkularismus wahrnimmt, immer wesentlicher.

© Thomas Mann Gesellschaft

Dieter Borchmeyer ist emeritierter Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Heidelberg und lehrt dort weiter im Rahmen einer kulturwissenschaftlichen Stiftungsdozentur („Heidelberger Vorträge zur Kulturtheorie“). Angelpunkte seiner Forschung sind die Weimarer Klassik und das Musiktheater (Mozart, Wagner). Seine jüngsten Hauptwerke sind „Was ist deutsch? Die Suche einer Nation nach sich selbst“ (Rowohlt, 2017) und „Thomas Mann – Werk und Zeit“ (Insel, 2022), die erste Gesamtdarstellung des dichterischen und essayistischen Werks des Autors.