„Alles Schutt, alles Spuk.“ Bilder aus dem Nachlass von Rolf Dieter Brinkmann (Ulrich von Bülow)

Kategorie: Aktuelles // Allgemein

Mi., 19. November 2025, 19:30 Uhr

Rolf Dieter Brinkmann (1940-1975) gilt als Enfant terrible der deutschen Nachkriegsliteratur, als Begründer der Popliteratur, als Kultautor und Vorbild jüngerer Autoren. Aufgewachsen im katholischen Milieu von Vechta, begeisterte er sich mit 16 Jahren für den Existentialismus. 1958 beginnt er für kurze Zeit eine Lehre im Oldenburger Finanzamt (nicht weit vom heutigen Karl-Jaspers-Haus!), wo er auf den Rückseiten von Steuererklärungen Gedichte entwirft.

Während seiner Zeit als Buchhandelslehrling in Essen und Köln lässt er sich von den Texten und der Musik der englischen und amerikanischen Untergrundkultur inspirieren, übersetzt und schreibt eigene Erzählungen und Gedichte, die ihn bald bekannt machen. In ihnen erfindet er eine neue, kunstvoll ungekünstelte Sprache, mit der er alltägliche Wahrnehmungen und Erleuchtungsmomente auf eine nicht alltägliche Weise beschreibt: „Gedichte, so wie ich sie verstehe, sind spontane Äußerungen, spontane Stellungen, Einstellungen, Wahrnehmungen, Schnittpunkte.“

Enttäuscht vom Literaturbetrieb wendet Brinkmann sich Anfang der 1970er Jahre der Fotografie, dem Hörspiel und dem Film zu. Bei längeren Aufenthalten in Rom und Austin/Texas entstehen Materialbücher, in denen er mittels Cut-up-Technik kulturpessimistische Prosa mit Fotos und Zeitungsausschnitten kombiniert. Kurz bevor sein spätes Hauptwerk, der Gedichtband Westwärts 1 und 2, erscheint, stirbt Brinkmann 1975 mit 35 Jahren in London bei einem Unfall.

Ulrich von Bülow, Leiter der Handschriften-Abteilung im Deutschen Literaturarchiv Marbach, erörtert anhand der nachgelassenen Papiere von Rolf Dieter Brinkmann Bedingungen und Eigenarten seines Lebens und Schreibens.