Jenseits der Utopie? Max Weber als Diagnostiker der Moderne (Matthias Bormuth)
Kategorie: Archiv
Mi., 28. Aug., 19:30 Uhr
Fast einhundert Jahre nach seinem Tod ist der Soziologe Max Weber (1864-1920) in aller Munde. Der weltweit wachsende Fundamentalismus lässt fragen, was sein Paradigma der „Entzauberung der Welt“ zur Erkenntnis dieser Entwicklung leisten kann?
Weber richtet seinen genauen Blick auf das menschliche Verlangen nach eindeutigen Sinnstrukturen, die in den verschiedenen Lebensbereichen von charismatischen Führungsfiguren prophetisch vertreten werden. Karl Jaspers verstand seinen Lehrer als den illusionslosen Diagnostiker der Moderne.
Der Vortrag stellt einige der zeitgenössischen Utopien vor, die Weber soziologisch ernüchterten, ohne jedoch das Anliegen als solches zu denunzieren. Vielmehr ging es ihm um das kulturelle Vermögen der menschlichen Ambivalenz, das neuerdings unter dem Begriff der „Ambiguität“ in der Diskussion steht. Seine bis heute offene Frage ist: Verfügen wir über genügend innere Spannkraft für ein Leben jenseits der Utopie?
Matthias Bormuth hat die Heisenberg-Professur für vergleichende Ideengeschichte am Institut für Philosophie der Carl von Ossietzky Universität inne und ist Vorsitzender der Karl Jaspers-Gesellschaft.