Karl Jaspers und Ernst Cassirer. Konturen einer postumen Gegenüberstellung (Enno Rudolph)
Kategorie: Archiv
Mo., 12. März, 19:30 Uhr
„Der Olympier“ Ernst Cassirer und Karl Jaspers haben einander kaum wahrgenommen. Trotz charakteristischer thematischer Gemeinsamkeiten, fallen jedoch zunächst Differenzen auf: Im Gegensatz zur Jaspers‘schen Geschichtsphilosophie hat für Cassirer die Geschichte weder Ursprung noch Ziel. Und obgleich beide bekennende Universalisten (im Sinne Kants) sind, umfasst dies bei Jaspers extensiv, von Konfuzius bis Nietzsche, die ganze Welt und ihre Geschichte, während Cassirer sich, von den klassischen Mythen bis zur modernen Physik, intensiv auf Europa konzentriert.
Dennoch laden die Konvergenzen dazu ein, insbesondere drei auffällige thematische Überschneidungen einer genaueren Betrachtung zu unterziehen, um zu zeigen, dass die Auffassungen und Ergebnisse beider Philosophen sich hier ‚komplementär‘ zueinander verhalten und sinnvoll ergänzen:
1. Die Ambivalenz des Mythos als Quelle der Identitätsstiftung und als Mittel politischer Ideologisierung, 2. Die moderne Wissenschaft als geistige Orientierungsmacht und als Weg zur absoluten Herrschaft der Technik über Mensch und Welt; 3. Die Philosophie als politischer Auftrag.
Durch den Abend führt Reinhard Schulz.
Prof. Enno Rudolph hat nach seiner Emeritierung an der Universität Luzern jüngst das SNF-Forschungsprojekt zur Neu-Edition von Niccolò Machiavellis »Il Principe« geleitet. Er ist Vorstandsmitglied der Internationalen Ernst Cassirer Gesellschaft und und Mitherausgeber der Internationalen Zeitschrift für Philosophie. Zuletzt erschien von ihm »Wege der Macht: philosophische Machttheorien von den Griechen bis heute« (2017).