„Lesen, um zu lernen.“ Peter Suhrkamp und die Idee der Bildung (Wolfgang Schopf)
Kategorie: Archiv
Di., 11. Okt., 19:30 Uhr
Der am Oldenburger Lehrerseminar ausgebildete Peter Suhrkamp „floh“, wie er schrieb, dreimal aus dem Klassenzimmer:
1914 in den Ersten Weltkrieg, den er zuletzt als Stoßtruppführer erlebte, danach an die Universität, wo er Literatur studierte, und 1921-1925 als Regisseur und Dramaturg ans Landestheater Darmstadt. Es folgte ein letztes reformpädagogisches Engagement, 1925-1929 an der Freien Schulgemeinde Wickersdorf, deren pädagogische Leitung Suhrkamp übernahm.
1929 beendete er seine Laufbahn im erlernten Beruf mit einem drastischen Schnitt: Sein Debüt als Journalist in Berlin gab er mit einer Serie kritischer Artikel zur Schulproblematik. Außerhalb des Lehrbetriebs entwickelte Suhrkamp seine pädagogische Mission, deren Organ der literarische Verlag werden wird. Was bis 1945 im innerdeutschen Teil des alten S. Fischer Verlags, den Suhrkamp 1936 von der ins Exil gedrängten Familie Fischer übernahm, nur bedingt möglich war, entfaltete Suhrkamp in der Nachkriegszeit: den Verlag als ein Zentrum des geistigen Wiederaufbaus.
In einer Collage aus Suhrkamps Schriften, Aufsätzen wie Briefen, eingefaßt durch zeit- und verlagsgeschichtliche Überleitungen, nimmt diese Mission Gestalt an, bis sie Suhrkamp schließlich selbst formuliert: „Bildung an Stelle von Erziehung“.
Wolfgang Schopf ist Kurator der Peter Suhrkamp-Ausstellung in der Bibliothek der Universität Oldenburg. Er ist Leiter des Literaturarchivs der Universität Frankfurt am Main und betreute in den Jahren 2000 bis 2009 die Archive der Verlage Suhrkamp und Insel, wobei u.a. Editionen der Korrespondenz von Theodor W. Adorno mit Peter Suhrkamp und Siegfried Unseld, Adorno und Siegfried Kracauer oder Wolfgang Koeppen und Unseld entstanden. Zu Peter Suhrkamps 125. Geburtstag in diesem Jahr gab Schopf den Briefwechsel des Verlegers mit seiner Frau Annemarie Seidel heraus: „Nun leb wohl! Und hab’s gut!“ Briefe 1935-1959.