Denken ohne Geländer. Hannah Arendt in ihren Briefen (Matthias Bormuth, Malte Unverzagt)

Kategorie: Aktuelles // Allgemein

Di., 20. Februar 2024, 19:30 Uhr

Lesung und Gespräch mit Matthias Bormuth und Malte Unverzagt

Schon Rahel Varnhagen, die Lebensgeschichte einer deutschen Jüdin aus der Romantik, beruht vor allem auf Briefen. Vor und nach 1933 erkundet Hannah Arendt in der Biographie die Spannungen zwischen dem privaten und öffentlichen Leben, die in der Zeit von Lessing und Moses Mendelssohn zum Scheitern der Assimilation führten.

Im späteren Exil werden die Briefe der politischen Philosophin zum Zeugnis ihres kosmopolitischen Lebens, das eine seltene Kunst zur Freundschaft ahnen lässt. Arendt pflegt, wie sie Martin Heidegger, ihrem ersten Lehrer und Geliebten, später mitteilen wird, ein „Denken ohne Geländer“. Im Schreiben lässt sie äußere Tatsachen zur inneren Wirklichkeit werden, fern ideologischer Gesinnungen, wie sie politische, philosophische oder religiöse Gemeinschaften anbieten und fordern.

Arendts jährliche Reisen fordern das schriftliche Gespräch heraus, das sie in den philosophischen Kreisen der deutschen Universität und den literarischen Zirkeln der New York Intellectuals dies- und jenseits des Atlantiks sucht. Ihre briefliche Stimme ist darin so unverwechselbar wie einmalig, immer Ausdruck einer freundschaftlichen und oft mit Gefühlen der Liebe durchzogenen Zuneigung zum einzelnen Menschen. So schafft Hannah Arendt persönliche Räume der Freiheit, die in jedem Wort von ihrer geistigen Beweglichkeit erfüllt sind.  

Matthias Bormuth lehrt als Professor für Vergleichende Ideengeschichte am Institut für Philosophie der Karl von Ossietzky-Universität in Oldenburg und leitet das Karl Jaspers-Haus sowie die dortige „Forschungsstelle Hannah Arendt Zentrum“. Jüngste Publikationen sind: Die geistige Situation um 1945 – Karl Jaspers und Hannah Arendt (Wallstein 2023), Der Bote – Gedanken zu Franz Kafka (Keicher 2023) und Die Kunst des Fragens – Marginalien und Porträts (Wallstein 2024).

Malte Unverzagt ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Vergleichende Ideengeschichte; Publikationen zu Karl Löwith und Karl Jaspers.